Donnerstag, 16. Dezember 2010

Aus dem Tagebuch eines Pastorsitos

Tag 2

Liebes Tagebuch, 16. Dezember, 2010
Ich wusste, dass der Tag kommen wird. Nur nicht, dass er so schnell kommt. Ich hab verschlafen. Um 4 Uhr 13 habe ich wohl schlaftrunken meinen Wecker ausgestellt und mich meinem eigentlichem Beduerfnis gewidtmet. Um 5 Uhr hat Adela an meine Tuer geklopft, ob ich nicht zu den Pastorsitos wolle. Uff.... ich hoffe, dass die Aufstehens-Schwerfaelligkeit nicht jeden Tag um den gleichen Prozentsatz steigt, sonst komme ich in 3 Tagen wirklich gar nicht mehr aus dem Bett. Nun gut. Ich habe mich dann ein wenig beeilt, aber meine Hoffnung, die Truppe noch vor dem verabredeten Haus anzutreffen war vernichtend gering. Gott sei Dank machen die sich durch die laute "Musik" bemerkbar, sodass ich sie recht schnell gefunden habe. Um exakt 5 Uhr 34 bin ich zu der Truppe gestossen und wurde gleich mit boesen Blicken und helmischen Gelaechter begruesst. Ich glaube aber nicht, dass sies ganz so schlimm fanden.
Den Kindern schien es auch nicht besser zu gehen als mir. Die haben zwar schon viel besser gesungen als gestern, aber getanzt haben sie immrnoch nicht. Einige haben auch schon ihre tollen Kostueme abgelegt :(!
Die Banda hatte sich heute allerdings erstaunlich gut unter Kontrolle.
Kurz vor Ende des Umzugs ist dann noch was Erstaunliches passiert. Es sind zwei Kinder zu uns gestossen, ganz schwarz verkleidet mit an einen Bankueberfall erinnernden Masken auf dem Kopf (nur an den Augen waren kleine Schlitze). Der einzige Unterschied waren nur die bunten Federn am Kopf (so iromaessig) und an den Schultern. UND DIESE ZWEI KINDER HABEN TATSAECHLICH GETANZT! fand ich richtig gut. Die haben sogar 2 oder 3 von unseren Kindern angesteckt und sich zum Tanzen ueberreden lassen -fuer die letzten 200 Meter. Schee wars :)!
Der Gottesdienst dafuer war umso chaotischer. Federico hat heute frei, aaah das ist uebrigens der Organist und Saenger, und der Padre Onorato musste selber singen. Er hat allerdings nach dem ersten Lied aufgegeben und Miguel-Angel hat das Ruder uebernommen. Ich konnte mich noch nicht entscheiden, welches das schlimmere Uebel war. Nein jetzt bin ich gemein, Angelito hat das wirklich gut gemacht.

Waehrrend dem Gottesdienst ist dann ein Luftballon von einem der Kinder geplatzt und hat vielen einen riiiiiiiiiieeeeeeeessen Schrecken eingejagdt. Damit rechnet ja auch keiner, im Gottesdienst. Und als dann kurz drauf in der Sakristei irgend etwas aus Glas LAUTSTARK zu Bruch gegangen ist, war es fuer viele zu viel. Der Pfarrer hatte aber seine Schaefchen schnell wieder unter Kontrolle und ist unbeiirt in seiner Predigt fortgefahren.
Liebes Tagebuch, mehr gibt es heute nicht zu berichten. Ich hoffe, dass ich morgen daran denke, meine Kamera mitzubringen. Vielleicht tauchen die schwarzen, tanzenden Kinder morgen nocheinmal auf.
Gute Nacht und traeum schoen,
deine Anika

Tagebuch eines Pastorsitos

Tag 1

Liebes Tagebuch, 15. Dezember, 2010
Heute war der erste Tag unseres insgesamt neuntaegigen Umzuges durch die Strassen. Wir haben uns morgens um halb 5!!!! (ich war noch hundemuede) beim ersten Haus in der Calle Grau getroffen, wo seit dem vorherigen Abend das Jesus-Puppen-Kind deponiert war. Deponiert ist das falsche Wort, weil eigentlich war es mehr inszeniert. Das Kindchen lag in einer Krippe, die von singenden Lichterketten, nein singen ist auch ein falsches Wort - quietschen ist besser -, geschmueckt war. Dazu haben die auch noch in allen Farben geblinkt. Ausserdem gab es noch jede Menge anderer farbenfroher Pracht. Gott sei Dank haben wir uns fast puenktlich um viertel nach 5 auf den Weg gemacht, denn nach den ersten 10 Minuten waren meine Seh- und Hoernerven fuer die Uhrzeit leicht ueberfordert.
Der Umzug ist leider etwas chaotisch verlaufen. Eigentlich sollte ich ja auch mittanzen, ich habe es dann allerdings auf singen beschraenkt, weil Pocha und Carmen ihr Versprechen auch nicht eingehalten hat. Die Banda hat meistens irgend einen Unfug zusammen gespielt und die Kinder wussten nicht, was sie singen sollen. Tanzen wollten sie auch nicht. Dabei steht ihnen diese traditionnelle, bunte Tracht so gut. (Mir stand das nicht so gut, deswegen habe ich meine Teilverkleidung schnell an ein kleines Maedchen verliehen, die keine hatte - wie gluecklich die darueber war weiss ich allerdings nicht :P)
Weil das mit dem singen irgendwie nicht so hingehauen hat, haben wir immer wieder einfach von vorne angefangen. Jetzt geht mir das einfach nichtmehr aus dem Kopf...... "sigan los pastoooores, los rayos del sol..... sigan los pastores......" *traeller*
Wie geplant haben wir das kleine Kindchen dann in die Kirche gebracht und zusammen die Misa del Gallo (das heisst uebrigens sowas wie "Hahnengottesdienst" - wie gut, dass die Peruaner ueber diese unmenschliche Uhrzeit auch noch Witze machen koennen) gefeiert. Da war ich inzwischen auch schein ein wenig wacher, wahrscheinlich durch die Pauken und Trompete.
Von da an verlief das Ganze ereignislos weiter. Der Gottesdienst ging wie geplant zu Ende und die anderen haben das Jesuskind ins naechste Haus (Tacna - Ecke San Martin) gebracht. Ich bin lieber nach Hause, wollte vor dem Unterricht in Pomape noch duschen. Ach wie gern waere ich wieder ins Bett gegangen!!!!! Das soll jetzt noch 8 Tage so weiter gehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich das ohne einmal verschlafen durchhalte.
So, liebes Tagebuch, morgen wird wieder ein anstrengender Tag, ich geh mal lieber ins Bett.
Schlaf gut und traeum was schoenes.
Anika

Ps.: Ach das habe ich ganz vergessen zu erklaeren, Pastorsito kommt von Pastor ( dt. Hirte) und heisst also so viel wie (Hirtchen)! Ich versteh gar nicht, warum Hirten tanzend   singend durch die Strasse singen  tanzen!